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Die fragile Zukunft der Automobilindustrie – und was das für Arbeitstätigkeiten und Jobs bedeutet

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Referent: Prof. Dr. Günther Bergmann
Prof. Dr. Günther Bergmann

Prof. Dr. Günther Bergmann

In der Automobilbranche ist ein kontinuierlicher Personalabbau in den letzten Jahren zu beobachten, besonders stark in der Zulieferindustrie und auch unabhängig von Effekten der Corona-Krise. Allein 2020 entfielen 25.000 Stellen gegenüber dem Vorjahr. Im Zusammenhang mit Elektromobilität steht ein weiterer Stellenabbau außer Frage, denn 80% der Montagetätigkeiten für den Antriebsstrang entfallen bei Elektromodellen. Entscheidender aber für die Autohersteller sei die rückläufige Wertschöpfung bei E-Modellen, führte Prof. Bergmann aus. Die große Mehrzahl der aktuellen Elektromodelle - außer bei den Premiummodellen in der Kategorie 100.000 € aufwärts - wird mit einer mäßigen oder gar keiner Marge verkauft (nach einer Studie von McKinsey 2021). Die Autohersteller müssen daher neue E-Modelle produktiver herstellen. Dies wird Industrie 4.0 Anwendungen in der Breite der Produktion erfordern.

Für Digitalisierung in der Produktion gibt es bisher schon viele Beispiele, die jedoch eher Insellösungen darstellen oder Teilbereiche der Produktion umfassen – zum Beispiel die Intralogistik, die Nutzung von autonomen fahrerlosen Transportsystemen. Wie die deutschen Automobilunternehmen mit dieser Herausforderung umgehen, die Produktivität zu erhöhen, stellt sich als höchst unterschiedlich dar.

Prof. Bergmann analysierte, anschaulich bebildert, die Strategien von VW, Audi, Mercedes, BMW und Tesla und kam zu der Einschätzung, dass bei VW als Volumenhersteller eine Strategie der tendenziellen Vollautomatisierung verfolgt wird, künftig verbunden mit einer deutlichen Reduzierung von Varianten. Die Strategien von Mercedes und BMW der Fertigung von E- und Verbrenner-Modellen auf der gleichen Linie stelle sich eher als ein Hindernis für die Erhöhung der Produktivität dar. Eine Ausnahme ist die moderne Factory 56 von Mercedes in Sindelfingen. Bei BMW könne eine Produktionsverlagerung nach China drohen, wo E-Modelle im Volumenbereich wirtschaftlicher hergestellt werden können. Hierfür gibt es bereits Beispiele. Über die Produktionsstrategie von Tesla in dem neuen Werk Grünheide bei Berlin wurden - soweit derzeit sichtbar - interessante Details berichtet, die in Richtung einer tendenziellen Vollautomatisierung weisen.

Insgesamt werde bei einer parallel laufenden Produktion von E- und Verbrenner-Modellen bis ca. 2025 ein moderater, aber kontinuierlicher Personalabbau zu erwarten sein, bis 2030 sei jedoch ein erheblicher Jobverlust in der Automobilindustrie zu erwarten. In der Diskussion wurde die Rolle von HR beleuchtet, das Thema Qualifizierung zu gestalten - und zwar in der Rolle eines HR Business Partners, welcher sich in der Tiefe mit den geplanten (unterschiedlichen) Produktionsstrategien auskennt und spezifische, nicht-seminaristische Lösungen entwickeln kann.