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Ethik-Richtlinie „Bürgerbeteiligung und Kommunikation“ trägt Pforzheimer Handschrift

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Deutscher Rat für Public Relations DRPR stellt neues Regelwerk vor

Prof. Dr. Felix Krebber. Foto: Tobias Tanzyna.

Ein kommunikationsethisches Regelwerk für (Bürger-) Beteiligungsprozesse hat jetzt der Deutsche Rat für Public Relations (DRPR) vorgestellt. Das freiwillige Selbstkontrollgremium der Deutschen Kommunikationsbranche setzt damit Standards für informelle Beteiligungsprozesse – etwa von Unternehmen oder auch Kommunen. Solche freiwilligen Beteiligungsprozesse werden als Antwort auf das gestiegene Mitsprachebedürfnis der Zivilgesellschaft oft im Vorfeld gesetzlich vorgeschriebener Verfahren angeboten. Anlässe sind etwa Infrastrukturprojekte oder kontroverse Technologien und Projekte. In einer solchen Akteurskonstellation sind Interessenkonflikte zwischen Beteiligten und Auftraggebenden eines Beteiligungsverfahrens oftmals unumgänglich. Daher setzt der DRPR mit der neuen Richtlinie hohe ethische Maßstäbe. Inhaltlich regelt die neue Richtlinie Kriterien wie Transparenz über die gewährten Einflussmöglichkeiten, Frühzeitigkeit und Verbindlichkeit von Verfahren oder Repräsentativität von Beteiligen. Notwendig wurde die neue Richtlinie, weil beteiligungsspezifische Kriterien bislang im bestehenden Regelwerk des Rates nicht ausreichend abgedeckt waren.

Mehrere Verstöße gegen eine gute Praxis der Bürgerbeteiligung hatte eine Studie der Hochschule Pforzheim in einer bundesweiten Medieninhaltsanalyse (‚Akzeptanzatlas‘) ermittelt. Unter Leitung von Professor Dr. Felix Krebber untersuchten 2019 Master-Studierende des Studiengangs Corporate Communication Management die Presseberichterstattung von 130 Tages- und Wochenzeitungen und fanden Mängel in Bezug auf Transparenz der Verfahren und Wahrhaftigkeit in der Umsetzung. In einer Folgestudie verglichen die Studierenden Leit-linien zu Bürgerbeteiligung aus Kommunen, Verbänden und Unternehmen, um auf dieser Basis Vorschläge für kommunikationsethische Regelungskriterien abzuleiten. Professor Krebber beriet daraufhin den PR-Rat in der Ausgestaltung der neuen Richtlinie. „Die neue Richtlinie schätzt das Engagement von Bürger*innen wert und will vor Missbrauch solcher Verfahren schützen. Künftig muss klar benannt werden, wie viel Einfluss Beteiligte tatsächlich haben“, umreißt der Kommunikationswissenschaftler die Neuerungen.

In einem Grußwort würdigte Barbara Bosch, baden-württembergische Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung, die Richtlinie: „Qualitätsvolle Beteiligungsverfahren lassen sich anhand eines normativen Kriterienkatalogs entwickeln. Er schafft die Basis für Transparenz und gegenseitiges Vertrauen. Ich danke den Studierenden der Business School der Hochschule Pforzheim unter Leitung von Professor Dr. Felix Krebber für ihre wichtige Arbeit. Mit der inhaltsanalytischen Untersuchung von Ethik- und Beteiligungsrichtlinien leistet die Studie einen wichtigen Beitrag zur systematischen Verbesserung der Bürgerbeteiligung. Dass die Arbeit auch die Grundlage für die Erstellung einer Richtlinie für Bürgerbeteiligung und Kommunikation des Deutschen Rates für Public Relations bildet, unterstreicht abermals die Qualität des Wissenschaftsstandorts Baden-Württemberg.“

Ähnlich zum Presse- oder zum Werberat kann der Deutsche Rat für Public Relations nun als unmoralisch angesehenes Verhalten missbilligen oder rügen. Auf diese Weise soll die Qualität öffentlicher Kommunikation gesichert und kommunikationsethische Regeln durchgesetzt werden.

 

Hintergrund:

Der Deutsche Rat für Public Relations (DRPR) ist das Organ der freiwilligen Selbstkontrolle für das Berufsfeld Public Relations. Der Rat wird rechtlich und ideell von der Deutschen Public Relations Gesellschaft (DPRG) e.V., dem Bundesverband deutscher Pressesprecher (BdKom) e.V. und der Gesellschaft Public Relations Agenturen (GPRA) im Trägerverein des Deutschen Rates für Public Relations e.V. getragen.

Ratsmitglieder sind Branchenexperten aus Unternehmen, Verbänden, Agenturen und anderen Organisationen. Die Arbeit des Rats basiert auf dem Deutschen Kommunikationskodex und anderen, aktuellen Kodizes. Der DRPR handelt in Verantwortung gegenüber dem gesamten Berufsfeld. Die Ratsmitglieder arbeiten unabhängig und sind nur sich selbst und ihrem Gewissen verpflichtet.

Die Kernaufgaben des DRPR sind es, a) das Berufsfeld im Rahmen seiner Möglichkeiten kritisch zu beobachten, b) kommunikative Normen zu formulieren und zu entwickeln und c) auf Basis dieser Normen kommunikatives Fehlverhalten bei der Kommunikation mit Öffentlichkeiten zu benennen und gegebenenfalls zu rügen. Der DRPR bearbeitet dabei alle Fälle, die in Form von Beschwerden an ihn herangetragen werden oder die er (z.B. aufgrund von Medienberichterstattung) in Eigeninitiative an sich zieht. Der Rat behält sich vor, Fehlentwicklungen in der Branche aktiv anzusprechen und sich ggf. mit öffentlichen Stellungnahmen in die Diskussion einzumischen.

Hat der Rat einen Fall zur Bearbeitung angenommen, wird immer der aktuelle Sachstand zum Thema nach der jeweiligen Quellenlage recherchiert. Alle daran beteiligten Organisationen oder Einzelpersonen werden um Stellungnahmen zu den Beschwerden gebeten. In Einzelfällen und bei besonders komplexen Themen erfolgt eine mündliche Anhörung im Rat. Im Anschluss daran bildet sich der Rat eine Meinung und entscheidet mehrheitlich. Wenn eine Rüge oder eine Mahnung ausgesprochen wird, so geschieht dies als wohlbegründete Meinungsäußerung und darf nicht mit dem Urteil eines Gerichtes verwechselt werden.